>> In Laach werden an einer besonders engen Stelle neue Leitungen verbaut. (Foto: Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr)
Wenn Theo Waerder auf die zurückliegenden zwölf Monate Aufbauarbeit an der Ahr blickt, tut er das mit Stolz. „Wir haben Enormes geschafft“, sagt der Werkleiter des Zweckverbandes Wasserversorgung Eifel-Ahr. 60 Prozent des neuen Leitungsnetzes sind in den von der Flut zerstörten Ortschaften bereits verlegt.
Der Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr ist der Wasserversorger der Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr, die von der Flutkatastrophe vor einem Jahr schwer getroffen wurden. Er versorgt rund 30.000 Kundinnen und Kunden. Eine seiner Haupttransportleitungen, die sogenannte Tallinie, verläuft von Dorsel bis Marienthal rund 40 Kilometer entlang der Ahr.
Die Wucht, mit der das Wasser in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli kam, ist so stark gewesen, dass sie große Teile der Tallinie zerstörte. 30 Kilometer davon werden neu aufgebaut. „26 Orte waren ohne Wasser und damit mehr als die Hälfte, die wir versorgen“, beschreibt Waerder die Dimension. Oberstes Ziel war deshalb, die Menschen an der Ahr wieder zügig mit Wasser und Trinkwasser zu versorgen. Das geschah teils per Tankwagen und über Notleitungen zu Hochbehältern „Es hat uns geholfen, dass wir vor einigen Jahren ein Ersatzwassersystem unter anderem aus der Wahnbachtalsperre aufgebaut haben“, so Waerder.
Allerdings konnten sein zehnköpfiges Team und er nicht überall darauf zugreifen. „Es funktioniert zwar wie das Adersystem im Körper, braucht aber eben auch Leitungen und die fehlten“, blickt er zurück. Mittlerweile sind alle Haushalte angeschlossen, Lücken im Netz gibt es allerdings noch zwischen Ahrbrück und Kreuzberg sowie zwischen Insul und Schuld – den besonders stark betroffenen Orten.
Schnell war klar, dass die neuen Leitungen in einer hochwasserbeständigen Bauweise entstehen sollen. „Zudem haben wir Synergien genutzt und Kosten gespart, in dem wir möglichst viele Maßnahmenträger beteiligt haben, die gemeinsam an einer Infrastrukturtrasse arbeiten“, erklärt der Werkleiter des Zweckverbandes. Dass man schon so weit sei, begründet Waerder auch mit der schnellen Auftragsvergabe noch in 2021.
Neben Wassertransportleitungen verlegt der Zweckverband schon seit Jahren Leerrohre für Steuerkabel und Glasfaser mit. Neu hinzugekommen sind nach der Flut Leitungen für Gashochdruck und Gasmitteldruck. Denn für eine Gasversorgung fehlte es im gesamten Ahrtal oberhalb von Walporzheim bislang an der notwendigen Infrastruktur. Das gesamte System ist wasserstofffähig also H²-ready.
„Uns ist wichtig, ein Energierückgrat an der Ahr zu bieten, an das sich Orte andocken können“, führt Waerder aus. Allerdings soll es unbedingt zukunftsfähig und nachhaltig sein. Weshalb Waerder und seine Leute nicht weniger als Deutschlands größtes Biogas- und Greengas-Netz installieren wollen.
„Dafür möchten wir das Biogas nutzen, das bei der neuen Klärschlammfaulung der geplanten Erweiterung der Kläranlage Dümpelfeld der Verbandsgemeinde Adenau entsteht“, sagt Waerder. Außerdem könnte eine neue Biogasanlage in unmittelbarerer Nähe errichtet werden, die Abfälle aus der Biotonne, der Landwirtschaft und dem Weinbau nutzt und zu Biogas umsetzt.
Überlegt wird auch, mit einem Elektrolyseur Wasserstoff und Sauerstoff zu gewinnen. Der Sauerstoff könnte in der Kläranlage den biologischen Abbauprozess verbessern, während der Wasserstoff mit dem CO² aus den Abbauprozessen oder der Klärschlammtrocknung mit Holzhackschnitzeln weiter zu Biomethan umgewandelt werden könnte. Insgesamt also ein besonders ökologisches System.
„Ein weiterer Vorteil des leitungsgebundenen Gasleitungsnetzes wäre, dass bei der Energiebelieferung keine weiteren Verkehrsbelastungen durch Fahrzeugtransporte entstehen, wie sie bei der Verwendung von Flüssiggas, Heizöl oder festen Brennstoffen wie Holz, Pellets, Kohle oder Holzhackschnitzeln entstehen werden“, betont Waerder. Selbst als umweltfreundlich eingestufte Wärmemittel wie Holzhackschnitzel verursachen durch Transport der Brennstoffe und den Abtransport von Verbrennungsrückständen vermeidbare Emissionen im Ahrtal.
Waerder geht sogar so weit, dass selbst die Anlieferung der Reststoffe, also des Biomülls, nachhaltig erfolgen kann: „Wir könnten dann Energieversorgung und Mobilität verbinden, weil die Müllautos auch mit Biogas CO²-neutral betrieben werden könnten.“ Eine Machbarkeitsstudie steht kurz vor dem Abschluss, erste Ergebnisse haben bereits die Sinnhaftigkeit des Biogasprojekts bescheinigt. Wenn am Ende die Politik zustimmt, könnte der Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr Fördergelder - beispielsweise des Landes Rheinland-Pfalz - beantragen.
Zur Summe des Gesamtschadens des Zweckverbandes an der Ahr nach der Flut gibt es wegen laufender Maßnahmen noch keine abschließende Bilanz. „Wir schätzen, dass es mindestens 70 Millionen Euro werden könnten“, sagt Waerder. (se)
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